Rezensionen
„Heinrich Band. Bandoneon.“
Rezension Autorenkollektiv
Guter/Wolff/Seidel/Karthe/Algeri
(letzte Bearbeitung 2020)
Das attraktive Buch
Die Gliederung und aufwendige Illustration werden dem Instrument gerecht, machen es staunenswert und ein Muss für jeden Bandonionfreund. Geschichtshistorische Aufführungen und die abgehandelte Stadtgeschichte binden das Bandonion lediglich an die Stadt Krefeld, welche Förderin und Herausgeberin des Buches ist. Die Musikwissenschaftlerin Janine Krüger deutet alte und neue Quellen in Bezug auf die Fertigung des Instrumentes in Sachsen als Krefelder Erfindung. „Die Quellensammlung im Anhang ist opulent und stellt sich wissenschaftlichen Ansprüchen“ (Zitat Norbert Seidel). Im journalistischen Teil des Buches finden sich amüsante Interviews mit renommierten Bandonist/innen, welche die jeweiligen Süchte, Sehnsüchte und Visionen zum Instrument offenlegen. Via QR-Codes sind Hörbeispiele abrufbar. Das Buch hat 368 Seiten und ist im Klartextverlag erschienen. Das Buch steht in bester Tradition um das Gerangel der Erfindungshoheit des Bandonions, es betont gleichsam, dieses nun beenden zu können. „Ich kenne keine Stadt, die sich ein Instrument zu eigen machen kann, die sagen kann, es kommt tatsächlich von hier“, behauptet Gabriele König, Kulturbeauftragte der Stadt Krefeld. Der Autorin sei es gelungen, Beweise zu liefern, die Erfindung des Instrumentes nach Krefeld zu verorten.
Die Krux des Buches besteht darin, dass der Bandsche
Tastaturentwurf zum Instrumentenentwurf umgedeutet wird.
Die Herausgeber des Buches zeigen an, ein umfassendes Kompendium der Instrumentengeschichte für die Bandonionliebhaber dieser Erde geschaffen zu haben. Es werden mutmaßliche Beweise angeführt, die sich auf Annahmen begründen und im Detail fehlerhaft sind. Die Autorin hinterlässt Lücken und vermag den langen Entwicklungsweg des Bandonions bis in die heutige Zeit, seines „drohenden Untergangs“ (Zitat Carla Algeri UNESCO-Beauftragte), nur bruchstückhaft aufzuzeigen. In despektierlicher Art werden die Leistungen der sächsischen Erzgebirgsregion gering geschätzt und lediglich als Konkurrenz einer „überragenden“ Leistung Heinrich Bands gegenüberstellt.
Schon der Titel macht stutzig. Heinrich Band „schreibt“ ein Buch über das „Bandoneon“. Auch wenn das bibliophil in Ordnung ist, so ist es doch Effekthascherei und im Untertitel gleich noch strategische und regionale Läuterung. Schade – somit bleiben andere Regionen, welche faktisch die Entstehung des Instrumentes vollführten, in dem sehenswerten Buch, ausgespart. Zu bemängeln ist nicht die Interpretation der Autorin zu den Quellen, diese ist Ansichtssache und im Detail strittig. Durch Weglassen wichtiger Indizien, wie die Veröffentlichung der chromatischen Konzertina vor Band und einer Missachtung der Erzgebirgsregion, wird der Bandonionwelt ein Zerrbild vorgeführt. Die massenhafte Verbreitung der von Band initiierten „verqueren“ Tastatur durch seine Verkaufserfolge mit der gelabelten Eigenmarke „Bandonion“ hat letztendlich, neben „den Bomben des zweiten Weltkrieges“ (Zitat Carla Algeri), zur Art eines vom Aussterben bedrohten Instrumentes beigetragen. Die Autorin möchte geschichtshistorisch mit dem „wer hat’s erfunden“, die Frage nach der Herkunft des Bandonions, trotz diskutabler Befunde, ein für alle mal zugunsten der Stadt Krefeld entscheiden.
Sie selbst schreibt: „Das vorrangige Anliegen der Herausgeber war es, die Verbindung zwischen Band, seinem Instrumentenentwurf und Krefelder Stadtgeschichte herauszuarbeiten“. Diese Aufgabenstellung erfüllt die Autorin mit Bravour, bleibt genau deshalb den Gesamtentwicklungsverlauf des Instrumentes schuldig. Großartig wäre es gewesen, sich zwischen den sächsischen und rheinischen Kulturreferenten auszutauschen und das Instrument als überregionale Entwicklung der Welt zu präsentieren.
Die Enthüllung des Buches: „die Spur führt nach Waldheim/Sa.“. Heinrich Band – Fabrikant veranlasste die Produktion von Konzertinas mit „im Kern“ gleichgebliebener Tastatur unter seinem Namen, hergestellt aus Sträflingsarbeit. Diese Erkenntnis ist neu – darauf beruft sich nunmehr die Kulturreferentin der Stadt Krefeld:
„es kommt tatsächlich von hier“.
Kritik
Heinrich Band hat kein Instrument erfunden, er hat auch keins entworfen. Es ist ein heiliger Schein die weltweite Verbreitung des Bandonions aus Krefeld oder dem Rheinischen herzuleiten. Heinrich Band und das Wort „Bandoneón“ ist ein Anachronismus von reichlich 60 Jahren. Das Buch wird als Fachbuch für das Instrument Bandoneon wissenschaftlich fundiert angepriesen.
Das Buch hat tendenzielle Züge, welche sich immer wieder den Interessen des Auftraggebers, die Stadt Krefeld, zuordnen lassen. Ob es der Autorin bewusst ist, damit dem Instrument zu schaden, darf der Leser gern selbst entscheiden, ich meine ja. Ein Zitat (S. 225) der hochverehrten Maria Dunkel: „das Interesse der Musiker und Rezipienten in Bezug auf Harmonikaforschung ist gering, … , es gelang bisher nicht, die Grundlagen für effiziente Forschungsarbeit aufzubauen…“
Der Knochen ist hingeworfen
Der umfassenden Kritik zum Buch (Juni 2020) von Norbert Seidel entnommen und autorisiert: „Die von Dr. Janine Krüger angeblich bewiesene Urheberschaft Heinrich Bands am Bandoneon geht längst „viral“. Nicht nur rheinische Medien wie NRZ und Rheinische Post übernehmen diese Behauptungen ungefiltert. Der WDR sieht in einem Interview mit der Autorin in der Publikation bereits ein „Standardwerk zum Bandoneon“. Und man arbeitet in Krefeld schon emsig an einer spanischen und englischen Übersetzung. „Damit die Menschen, die das Instrument so sehr lieben, etwas über seine Herkunft erfahren“ – zitiert Andreas Fasel in einem ausführlichen Artikel über „Heinrich Band. Bandoneon“ die Autorin Dr. Janine Krüger auf welt.de. Der Siegeszug Krefelds scheint kaum zu stoppen. Zeit also für diesen kleinen Faktencheck… Und für die Rehabilitation Carl Friedrich Zimmermanns. Als Hersteller und vermutlich auch Erfinder der ersten Bandonions.“
Tun wir einen Sprung über den Atlantik
Die Argentinier sind sehr an einer wahrheitsnahen Interpretation der Entwicklungsgeschichte interessiert, dass zeigen schon jetzt die Reaktionen auf diese Buchkritik in den Korrespondenzen. Der Respekt, des Bewahrens des Instrumentes, gebührt den Argentiniern. Hierin scheint die Autorin d’accord zu gehen, indem sie die Interviews mit den lateinamerikanischen Restauratoren in ihre Arbeit einbezieht und das Kapitel Tango „anreißt“. Wenn dieses Buch samt seines streitbaren Inhaltes so ins spanische übersetzt wird, erweist Krefeld dem Instrument einen „Bärendienst“. Den Marketingstrategen und Auftraggebern zum Buch scheint dies offenbar egal, denn diese stecken nicht in der Materie, sie verweisen auf die „wissenschaftliche“ Arbeit von Frau Dr. Janine Krüger. Ob nun die „Kreuzchentaste“ von Zimmermann übernommen oder die Tasten 8,9,14 (Diskant) umgestimmt wurden und sich davon die Erfindung des Instrumentes herleiten ließe, ist global betrachtet Unfug. Die Autorin hat „geliefert“ und die Presse interpretiert gleich mal den Tango als Krefelder Erfindung:
Geschichte wiederholt sich
Dass ausgerechnet Krefeld nun laut tost „es kommt tatsächlich von hier“ und in bester Marketingmanier die Erfindungshoheit beansprucht, wie es Band im Eigeninteresse schon einmal vorführte, ist bemerkenswert. Was kann Marketing: „Täuschen, Tarnen, manipulieren“ und „Bedürfnisse schaffen, die man nicht hat“. Geschichte wird nicht dadurch wahrer, je lauter man schreit. Wahrhaftigkeit kommt leise daher. Wie angenehm ist dagegen die Ruhe der Erzgebirgler (Zitat Uwe Hartenhauer – Bandonionbauer/Klingenthal; weltweit zweitgrößter Produzent neuer Bandonions; im Buch nicht genannt): „deine ausführliche Kritik (folgend) ist sehr gut geschrieben. So ist es, da ändert auch ein Buch nichts daran.“
Kritik en détail
- Buchtitel & das heilige Bandoneón
- Musikwissenschaft kontra Maschinenbau/Instrumentenbau
- Dick aufgetragen
- Alleinstellungsmerkmal und klangliche Identität
- Der Coup des Geschäftsmanns Band
- Das Lieferkettengesetz
- Verdienst Bandes
- vermeintliche Erfindungsbegründung (auch Bands Instrumentenentwurf genannt)
- Gleichnisse/Absurditäten
- Das Conradonion – der entscheidende Tastaturentwurf
- Juristische Betrachtung
- Ersterwähnung und Namensfindung
- Verdienst Stadt Krefeld/Region – das Rheinische
- Wer hat’s den nun erfunden?
- Ehrenrettung für die Autorin?
- Perspektivwechsel
- Angebot zur Schlichtung
- Nachworte/Stimmen/Rezipienten
Buchtitel & das heilige Bandoneón
Faktisch unmöglich ist es, die Erfindung des Bandonion über das Wort Bandoneón herzuleiten oder in Beziehung zu Heinrich Band zu setzen.
Dann müsste man, Leonardo da Vincis Flugmaschine rückwirkend „Airbus“ benennen. Die spanische Schreibweise wurde 1934 in den Duden aufgenommen. Es ist paradox, Band und die Stadt Krefeld mit den 60 Jahre späteren Instrumenten aus sächsischer Produktion in Verbindung zu bringen. Von Beginn an, benennt die Autorin im Buch (Titelseite) das Instrument ‚Bandoneon‘ und ohne Akut. Als strategisches Merkmal durchzieht diese Absurdität das ganze Buch und ist meine persönlichste und elementarste Kritik, weil Absicht zu vermuten ist. Die Recherche der Autorin in BA vermeldet den „tatsächlichen Namen“ des Instrumentes (S. 153) erstmals in einer Anzeige 1914. Dies irgendwie mit Band in Verbindung zu bringen, bleibt als Anachronismus unlösbar offen und wird auch den Argentiniern schwerlich zu vermitteln sein.
Wenig Ehrfurcht, wohl aber in Überzahl zur Illustration des Buches benutzt, erfahren die „Bandoneónes santos“. Um das Instrument in seiner spanischen Schreibweise zu benennen, wie es auf dem Einband prangt, dürfen quasi nur die Oktavinstrumente der Arnoldschen Dynastie „ELA“ und „AA“ aus Carlsfeld/Erzgebirge genannt werden, denn es gilt zu vermuten, dass die „ersten“ Instrumente in BA allesamt aus sächsischer Produktion stammen. Die Verehrung des Instrumentes in den Liedern des Tangos gilt ausnahmslos diesen. Darum ist die Kritik zum Buchtitel berechtigt und war mein allererster Gedanke als ich vom Erscheinen erfuhr.
Alfred Band Louis XV
©Foto Guus Stegeman
ELA Louis XV
©Foto Guus Stegeman
Bei der Betrachtung des Titelbildes sieht man links das Modell „A. Band Louis XV“. Dekorgleich ist das „ELA Louis XV“. Der „Schmuck mit fremden Federn“ wird auf der ersten Seite eingeläutet. Auch auf Seite 302 ff. keine aufschlussreichen Erläuterungen über den Hersteller dieses Instrumentes, außer den verwirrenden Äußerungen über den hohen technischen und ästhetischen Standard bei der Erbfolge von Band.
Musikwissenschaft kontra Maschinenbau/Instrumentenbau
Heinrich Band vermag im Buch weder der einen noch der anderen Sparte zugeordnet werden. Daher kann das zu präferierende Anliegen des Buches nicht mit dem Namen Heinrich Band gelöst werden. Der Schlüssel zur Antwort ist nicht die Musikwissenschaft, sondern vielmehr das Nachvollziehen einer komplexen technologischen Stufenentwicklung mehrerer Generationen. Die Analyse der Genealogie des Instrumentes, im Kontext der soziologischen, gesellschaftlichen und sozialpolitischen Mißstände der deutschen Revolutionsjahre 1848, gelingt der Musikwissenschaftlerin Dr. Janine Krüger nicht und findet im hübschen Buch romantische Verklärung. Auffällig bleibt, das die Autorin oder die Auftraggeber einen Bogen um die Erzgebirgler/Vogtländer schlagen, obwohl sie diese konsultiert hatte, stützt sich auf Geuns und Marang bei der Beantwortung offener Fragen zur Instrumentengeschichte, welche fernab von den eigentlichen Schauplätzen der Entwicklung leben. Ihre Bemerkung, dass das Instrument „unter anderem in Sachsen weiterentwickelt“ wurde, bleibt Leitmotiv durch das Buch hindurch und entspricht dem „vorrangigen Anliegen“ des Herausgebers.
Als Konstrukteur und Bandonionspieler stoße ich mich daran, die Erfindung des Instrumentes dem Instrumentenhändler und Musiker Heinrich Band zuzuschreiben. Ist denn C.F. Zimmermann, weil er seine Tastatur mehrfach „umverlegte“ der Erfinder der Konzertina? Auch diese Frage kann verneint werden. Vergleichend meine ich, dass das Umstimmen einer Geige zur besseren Spielbarkeit an sich noch keine Erfindung der Geige, auch wenn man diese mit einer Eigenmarke versieht, darstellt.
Belegfrei und idyllisch wird Band zugemutet, im stillen Kämmerchen experimentiert zu haben, ein „neues“ chromatisches Instrument zu erfinden. Wo bitte sind die Patente, Skizzen, Scribbles zu den metallurgischen Experimenten mit den Legierungen der Stahl-, damals auch Messingzungen, verschiedene Variantenvergleiche zu praktikablen Mensuren, Kanal- & Hebelöffnungsweiten, Zungenformen, zu den Druckverhältnissen in den Stimmstöcken, die Durchbiegung- und Ansprechverhalten der Zungen, Ventilierung, Tonveränderung bei Durchbiegung, Gängigkeit und Lagerung der Hebelmechanik, ergonomische Anordnung und Federdruck der Tasten, Balgentwicklung, Tests zur Materialdauerfestigkeit und Entwicklung der wichtigen Tondisposition „Oktavstimmung“. Wo sind die angeblichen technologischen Vorgaben zur Arbeitsteilung, Materialbeschaffung, die sozialen Attitüden jedweder Produktion. Dieser kleine Auszug belegt, damit hat sich Heinrich Band nicht beschäftigt, warum auch, er war an Umsätzen interessiert. Es ist angesichts dieser kleinen Auswahl kleinlich, sich mit der „Tastaturumverlegung“ als Hauptindiz überhaupt zu beschäftigen. Weshalb hat Band nicht einmal den Namen „Bandonion“ als Marke schützen lassen?
Dick aufgetragen
S. 239 „Die Bandoniongeschichte hat einen Ursprung – den Instrumentenentwurf von Heinrich Band…, durch die Rheinische Tonlage und die hohen technischen Standards hoben sich Bands Instrumente aus dem großen Angebot der damaligen Harmonikamodelle ab“.
Hier bewundert und respektiert die Autorin unbeschadet die sächsischen Instrumentenmacher, welche auch Band beeindruckten. Erbringt aber die technologische Entwicklung nicht folgerichtig. Ursprung im konstruktiven Sinn zeigt die Urkonzertina von Uhlig.
Jegliche Merkmale eines Bandonion sind vorhanden, Balg, Kasten, Hebelwerk, Stimmplatten und vor allem die Wechseltönigkeit.
Der „technische Standard“ kann nicht dem Händler zugordnet werden, dieser vollzieht nur das letzte Glied in der Lieferkette, den Profit. Nehmen wir das Bandonionmodell „Louis XV“ gebaut von ELA. Alfred Band kauft dieses, setzt sein Schild darauf und dann soll es sich vom Original „abheben“? Verklärte Welt.
Alleinstellungsmerkmal und klangliche Identität
Was macht ein Bandonion besonders? Es ist der Klang – verdankt den verbauten Stimmen und dem Tuning. Wer hatte das Know How inne? Bands kleiner Reparaturservice war es nicht, auch wenn betont wird, er konnte stimmen (S.134). Die Klangwirkung des Bandonions geht von den sächsischen Handzuginstrumentenmachern- und Meistern und das schon in Uhligs 20töniger Urkonzertina – Stahlzunge auf Zinkplatte. Unabhängig, vor und nach Band, fand dort die Vervollkommnung des Instrumentes bezüglich der Spielbarkeit und Klangeigenschaften sowie die Mechanisierung bzw. Arbeitsteilung des Produktionsprozesses statt. Im Buch wird dies umgekehrt dargestellt, denn vor allem beeinflussten Maschinenbau-Konstrukteure die sächsische Instrumentenentwicklung. Die Autorin ergeht sich in der Vermutung darüber, dass Band auf die sächsische Produktion Einfluss nahm und bleibt ein Indiz schuldig. Einer der sächsischen „Tüfftler“ heißt Carl F. Zimmermann/Carlsfeld, welcher wiederum auf den Grundlagen des Chemnitzers Uhlig, auf der Weltausstellung 1851 in London eine 108tönige vollchromatische oktavierbare Konzertina schon vor Band der Welt vorstellte, was im Buch einfach weggelassen wird; ebenso die lt. Hofmeister-Verlagsverzeichnis auf 1849 zu datierende „Praktische Schule“ Zimmermanns in Vorwegnahme der Bandschen Tastenlage. Um die Klangidentität zu beschreiben interviewt sie den Belgier Harry Geuns, der bringt es auf den Punkt: „es sind die DIX-Platten aus Gera und die Konstruktionen der Arnolds“.
Im Buchteil, der „dünnen“ Chronologie der Instrumente (S. 296 -317), bekommen die mit Band gelabelten Instrumente folkloristische Beinamen wie „Prachststück“, „Schmuckkästchen“, „Schlichte Eleganz“, „techn. Spielereien“. Die anderen Instrumente heißen „Konkurrenz“ – die Autorin Janine Krüger besitzt wenig Respekt vor dem identitätsstiftenden Bandoneón „Doble A“. Sie begnügt sich mit einer quasi inhaltsleeren Seite und der lapidaren Nennung unter anderen (S. 317). Spätestens hier, kurz vor Ende des Buches, bemerkte ich, stimmt etwas nicht. Zitat (S. 169): „ähnlich wie einst bei der Familie Band, setzte sich die Marca AA gegen die Konkurrenzmodelle durch“ ???. Was möchte die Autorin damit sagen? Für den Preis Krefeld zu gefallen, fällt der Vergleich herabwürdigend aus.
Am offensichtlichsten unterlassen wurde, die jeweiligen Hersteller der Bandschen gelabelten Instrumente zu erörtern. Während der persönlichen Konsultation von Frau Krüger bei Herrn Robert Wallschläger in Carlsfeld, wäre dies mit höchster Wahrscheinlichkeit möglich gewesen.
Fast alle interviewten Spieler als auch die argentinischen Restauratoren, von Oscar Fischer abgesehen, halten in ihren Händen Arnoldsche sächsische Instrumente. Der „scharfe“ Oktavklang und die Stahltonzungen auf Zink-/Aluplatten sind nicht Bands Verdienst, geben aber dem Instrument das Alleinstellungsmerkmal und klangliche Identität, welche im Buch nicht die gebührende Würdigung findet. Man kann sich zwar in Fülle an den Abbildungen der Arnoldschen Instrumente erfreuen, dennoch finde ich, schließt die Autorin mit permanenter Verharmlosung dieser, das Buch weltweit, von Tokio bis Santiago de Chile (westwärts), vor den Bewahrern des Tangos und „seines“ Instrumentes aus.
Der Coup des Geschäftsmannes Band
Unvermutet bleibt, dass sich Band die Wirren der 1848er Revolutionszeit zu Nutze machte und strategische Pläne zur Verschleierung seiner Lieferketten schmiedet. Just in dieser Zeit spukt das Gespenst des Kommunismus durch Europa. Ausführlich wird im Buch ausgeführt, Band war nicht irgendein kleiner Händler, er war im Rheinischen der „Thomann“ unter den Instrumentenanbietern. Die Autorin bemerkt zwar den Niedergang der Weberei im Städtchen, enthält sich allerdings der politischen Analyse. Sie bleibt bemüht, romantische Idylle im Buch zu verbreiten, referiert im Übermaß Krefelder Salongeschichte dieser Zeit und legt die Familiengeschichte der Bands offen. Dass Band die Konzertina, welcher in seinen Anzeigen diese so nicht betitelt, aus verkaufsfördernden Gründen umbenennt, ist schon ein starkes Stück Marketing. Der Coup gelingt, die sächsischen Instrumentenbauer übernehmen den Namen willig oder unwillig, man weiß es nicht. Die Marke ist gesetzt und bis heute wäre es korrekt auszudrücken: das Bandonion ist eine Konzertina nach Bandscher Tonanordnung.
Das Lieferkettengesetz von 1848 bis 2020
Der geneigte Leser weiß, was Luther von den Händlern hielt und 1848 den Schlesischen Webern durch das Handelsgebaren der „großen Kaufleute“ angetan ward. Heutzutage wird in Deutschland über das Lieferkettengesetz debattiert. Kerninhalt ist die Übertragung der Verantwortung des Produktionsprozesses an die Handelskonzerne. Weil in den Markenprodukten der sich selbstverschleiernden großen Händler nur noch soziale Leere enthalten ist. Einstige gesellschaftlich wertschöpfende Firmen wie Grundig, Krups, Telefunken, Märklin, Bosch, Adidas, Diamant etc. sind nur noch gelabelte Massenware. Steuerort unbekannt, behördliche Aufsicht fragil, Mindestlöhne und ethische Standards in der Lieferkette beklagenswert und als wäre es ein ethisches Merkmale „Designd & Created in Germany“. Die Chinesen nennen die alten Markenfirmen – „gefallene Engel“.
Gehen wir 170 Jahre zurück, die Kolonialisierung/Globalisierung der Welt nimmt Züge an. Der Instrumentenhändler Band aus Krefeld bezieht seine Waren aus einer unzugänglichen Bergregion in einem anderen deutschen Land, versucht seine Umsätze zu steigern und profitable Einkäufe zu organisieren. Nennt sich Fabrikant, erfindet einen reputierlichen Eigennamen, kann keinen Patent- bzw. Gebrauchsmusterschutz beantragen, weil alles schon da ist. Lässt über Reichel/Sa. preiswerte Einkaufsmargen durch Sträflingsarbeit erzielen, unterwandert die Preise anderer rechtschaffender Anbieter, kauft en gros, kann den Preis bestimmen. Kein Wort in seinen Schriften über die sozialen Belange der Belegschaft seiner Produzenten. Band ein Kind seiner Zeit? Wird er wie im Buch „unter Beweis gestellt“ als Fabrikant anerkannt, hat er die Sträflingsarbeit zu verantworten. Wenn dann doch nicht, wären seine „Fabrikanteninserate“ Verbrauchertäuschung. Krefeld hebt den Falschen auf den Sockel des Eigennutzens Willen. Denn zweifelsfrei sind Form, Klang und grundlegende Merkmale eines Bandonion in der sächsischen Konzertina vorhanden.
Verdienst Bandes
Die Modifizierung und Anregung zur Erweiterung der sächsischen Konzertina wären bei weniger pathetischer Betrachtung Verdienst, sind aber auch Fluch Bands. Denn er schuf die Tonanordnung nicht im Sinne einer musikdidaktischen Verbesserung. Die neue Erfindung bezieht sich auf wenige Tasten, welche umgestimmt oder verlegt wurden. Bands Verdienst ist die Etablierung der „verqueren“ Tastenlage des Instrumentes. Hätte Band konsequent musikpädagogisch gedacht, so wäre seinen Fans das wechseltönige Bandonion erspart geblieben und die Bandoneónistas dieser Erde würden heute gleichtönige logische Bandoneóns spielen, denn deren Hochzeit liegt gleich mal 70 Jahre später. In einer Korrespondenz mit Olivier Manoury/Fra. schrieb mir dieser, er wolle nunmehr auch Verbesserungen am System „Peguri“ vornehmen. Dazu benötigt er geneigte Käufer, Instrumentenbauer und die nötige Investition.
Seite 113 „erst durch (Handelsexpansion) und Ausweitung der Verlagstätigkeit wurde das Bandoneon tatsächlich zu einem rheinischen Instrument. Vom Rheinland trieb das ‚Bandonion‘ als Bandoneon weiter..“
Davon abgesehen, dass es zu dieser Zeit noch lange kein ‚Bandoneon‘ gab, riefen die Verkaufserfolge Bands die Konkurrenz auf den Plan. Band war nicht der einzige der die sächsischen Instrumente vertrieb. Dennoch darf man diesbezüglich Band als Urheber der Erkundung des preiswerten Lieferstandortes Sachsen bezeichnen. Wenn nunmehr die Stadt Mainz den Anspruch auf die Verbreitung des Instrumentes erheben sollte, wäre es nicht verwunderlich. Das Buch bietet selbst das Gleichnis mit dem Mainzer „großen Händler“ Wolff, ebenfalls Musiker und Händler genannt.
Ein weiterer zwiespältiger Effekt lässt sich aus den Betrachtungen von Maria Dunkel herleiten:
Maria Dunkel Freie Referate 3: Ethnomusikologie
„Bandonion und Konzertina sind aufgrund ihrer claves signatae disponiert für alternative Notationen und für autodidaktische Verfahren. Sie brechen das Bildungsprivileg und tragen zur Demokratisierung des Musikzugangs bei. In ihrer Mannigfaltigkeit bilden sie einen ausgeprägt pluralistischen Instrumententyp; erst im 20. Jahrhundert gelingt es, einige Varianten zu zu normieren.“
Die diatonische wechseltönige Konzertina vereint auf engstem Raum ein tonartgebundes Spielsystem. Für den musikalischen Laien genial. Nach 16 Stunden Arbeit – Kiste auf und schon geht’s los: „auf/zu/auf/zu…, horch der Papa kann spielen“. Irgendeinen Ländler, eine Polka, 80% aller Volksmusik sind für den Notenunkundigen keine Zauberei. Je mehr Band die „Umverlegung und Erweiterung“ forciert, desto höhere Ansprüche wurden gestellt. Auch wenn man zur Hauptblütezeit in Deutschland geschätzt ca. 30.000 Konzertina- und Bandonionspieler vermutet, das Bandonion im fünfoktav Vollausbau entspricht nicht mehr dem spielerischen Vermögen des „kleinen Mannes“, der seine Lebenszeit für den Broterwerb verbraucht. An den „gebrauchten“ Instrumenten lässt sich am „Abgriff“ erkennen, es wurden die Tasten 1 bis 14 gespielt, wie ehedem auf den Konzertinas, bis dass die Zahlen verschwunden sind. Das kann jeder Restaurator dieser Erde bestätigen. Nicht ohne Grund übernahmen die ein- und zweireihigen „Diatonischen“, noch später die Piano-Akkordeons, die nächsten hundert Jahre nach Band, die Liedbegleitung der Märsche, Walzer, Operetten & Gassenhauer. Dies zeigen die Herstellungsmengen und es beginnt die große Zeit der Trossinger. Band hat mit seiner Verkomplizierung der Tonlage“ ein Instrument angeregt, dass sich jeglicher Musikdidaktik logischer Instrumente entzieht. Der Musiker Joaquin Alem aus Buenos Aires räumt ein: „Wer Bandoneon spielt, muss ziemlich verrückt sein.“ – dieser Dank gilt Band. Und warum die Argentinier, an der „Rheinischen Tonlage“ festhielten, beantwortet die Autorin auf’s Einfachste: (S.140) „Sollen wir umlernen?“.
Ab etwa der Jahrhundertwende kam es daher, auch nicht unbedingt erfolgreich, zur folgerichtigen Änderung der Tastenanordnung und Aufhebung der Wechseltönigkeit durch Zademack, Stark, Meisel, Péguri, Schlegel, Manouri, Birken und vielen anderen. Am Péguri-Bandonion ist es am offensichtlichsten, dass es Band hätte gelingen können. Peguri tauschte nur die Stimmplatten aus und behielt das Manual der „Rheinischen Lage“ gleich. Doch diese Instrumente nannte man nicht Pégurion, Kusserownion etc. Allerdings kommt es noch zur Namensabwandlung beim Italiener Brandoni zum „Brandonion“. In Karl Oriwohls zitierten Abhandlungen sind mehr als 100 verschiedene Entwürfe von Tonanlagen enthalten. Band war einer von vielen, nicht der erste und nicht der letzte. Die Autorin übernimmt die Krefelder Legende, Band hätte einen Prototyp aus „vorgefertigten Einzelteilen“ selbst gebaut. Dies ist lediglich eine Annahme der Krefelder und wennschon, dann keine Erfindung nach wissenschaftlichen Maßstäben – wie das Adjektiv „vorgefertigt“ ausdrückt.
vermeintliche Erfindungsbegründung (auch Bands Instrumentenentwurf genannt)
Die Autorin Frau Dr. Krüger benennt u.a. als Beleg für die Erfindung durch Heinrich Band „die Auswahl des Produktionsstandortes“. Hier ein kleiner Abriss der Wertschöpfungskette, welche Verantwortung Band hätte übernehmen müssen, um sich Fabrikant zu titulieren:
- Erkundungen am neuen Standort über, politische Stabilität, Lohngefüge, behördliche Obhut, Steuerlasten, Infrastruktur, verarbeitendes Gewerbe/Zulieferer
- politische Anbahnungen, Spenden, Ermittlung Standortförderung, Einführung ins Establishment
- Investitionen am neuen Standort, Bebauungspläne, Finanzierung, Darlehen, Anleihen
- Bodenerwerb, Erschliessung, Architektur und Bebauung, Ausschreibungen
- technologische Konzeptionierung, Konstruktion, Patentierung, Vorgabe und Kontrolle der Produktionsabläufe, Energiezuführung, Arbeitsteilung, Logistik, Pausenversorgung
- Lohnarbeiterakquise (bestenfalls Schaffung sozialer Lebensbedingungen, Wohnraum, Versorgung, Kultur, gesundheitliche Betreuung)
- Zusammenführen von Investition, Materialbeschaffung und Arbeitskraft
- Erzeugen von Mehrwert (Produktion)
- Qualitätsmanagement
- Produktmarketing und Labelung
- Verkauf und Profit
- Buchhaltung, Lohnauszahlung (Mindestlohn),Versteuerung am Produktionsstandort?
Ok, Punkt 10. und 11. gebe ich mal an Heinrich Band ab.
Gleichnisse/Absurditäten
In den Verdiensten habe ich schon bemerkt, dass Band Vorreiter im Vertriebssystem und Vorlage für andere große Händler war. Man lese den Text der Vertriebsgesellschaft Meinel & Herold und vergleiche selber mit Bands „Erweiterung“ bezüglich der deutschen Konzertina ≈75 Jahre zuvor. Einzig, hier ist nicht von der Erfindung eines neuen Instrumententypes die Rede.
Dieser Werbetext von Meinel & Herold hätte gleichlautend
bei Band Verwendung finden können. Die Namenserweiterung
Einheitsbandonion ergibt eine neue Art der Konzertina.
Hinweis in der Anzeige >>> „Direkter Bezug vom Fabrikationsort“
Auszug aus dem Instrumentenkatalog Herold & Meinel Klingenthal:
„Anregungen aus Spielerkreisen folgend, die die rheinische Tonlage der Bandonions nicht mehr als zeitgemäß ansehen, da ihr noch einige kleine Mängel in Bezug auf Töneanordnung und dadurch erschwerte Griffweise anhaften, und um den deutschen Bandonionspielern Instrumente in die Hände zu geben, die als derzeit vollkommen in Bau und Töneanordnung anzusehen sind, erstand das Einheitsbandonion. Unsere Einheitsbandonions sind nach der vom Deutschen Bandonionverband entworfenen Tabelle gebaut. Im großen und ganzen ist die Töneanordnung der alten rheinischen Tonlage beibehalten worden und erfuhren nur die wenigen Töne eine Umänderung, die nach der alten Tabelle ungünstig lagen, bzw. doppelt darauf waren. …“
Hiermit ist ein Hauptindiz vorgelegt, warum man Heinrich Band „eigenwillige“ Absichten unterstellen kann. Niemand wird je behaupten „Meinel und Herold“ als Erfinder des Einheitsbandonion zu betiteln, nur weil diese die „Vervollkommnung“ einer vorliegenden Tonlage inserieren, mit „im Kern gleichgebliebener“ Tonlage Zimmermanns.
Ein aktueller Text der Firma Herold Markneukirchen/Deutschland
Quelle: http://www.herold.de.com/
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„Royal Standard – Premium Akkordeons – Deutsches Design –
Hergestellt in Italien
„Alle ROYAL STANDARD® Instrumente werden in Klingenthal, Deutschland designt und konstruiert. Die Fertigung findet unter Beachtung von höchster handwerklicher Fertigungsqualität in den traditionsreichen italienischen Akkordeonbauwerkstätten von Castelfidardo statt. Unser Standort Klingenthal in Deutschland ist seit 1852 die Wiege des Akkordeonbaus.“
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Hier wird es schon schwieriger nachzuvollziehen, wie genau die Fremdfirma „angewiesen wird“ das Instrument zu bauen. Das Wort „Konstruktion“, hinsichtlich einer 150-jährigen Tradition im Akkordeonbau zu verwenden, ist fraglich und wiederholt den Krefelder Anspruch auf Erfindung eines Instrumentes. Im Unterschied zu Band wird hier der Produktionsstandort nicht verschwiegen. Vergleiche aber die oben gezeigte Wertschöpfungskette, welche Verantwortung in diesem Produkt, der „handelnden“ Firma zugeordnet werden könnte.
Das Conradonion – Absurdität oder
der „entscheidende Tastaturentwurf“
„Nunmehr ist es mir gelungen, das fehlerbehaftete ‚Einheitsbandonion’ mit neuer Konstruktion der Vollendung zuzuführen. Nach langjähriger Spielpraxis veranlasste ich, Instrumentenbauer in Carlsfeld/Sa., Töne des Bassmanuals seiner folgerichten Tonlage, zur besseren Spielbarkeit, zuzuordnen und umzuverlegen. Dabei verpflichteten sie sich, in einer ersten Lieferung, 500 Instrumente unter dem Label “Conradonion” zur Abnahme bereit zu stellen”
Heinrich Konrad © 2020
„Die Erweiterung des Tonumfanges des Instrumentes, um das Kontra-H, veranlasste mich, diese entscheidende Erfindung „Contrahdonion“ (verflixter Druckfehler) zu benennen und demnächst einen Gebrauchsmusterschutz zu erwirken.“
mit besten Empfehlungen ihr Erfinder Heinrich Conrad
„Conradonion“ ist keine schutzwürdige Erfindung, obwohl ich als Spieler diese Umstimmung/Tasten-Umverlegung durchaus plausibel und praktisch finde.
Band selbst hat eine Erfindung in seinen Anzeigen inseriert „unsere Accordien mit neuer Konstruktion versehen“. Das klingt für Konsumenten, als hätte der Inserent die Instrumente selbst erschaffen – firmiert allerdings noch nicht als Fabrikant.
Hier die Täuschung und die Verantwortung als Fabrikant aufzutreten (HB-B S. 82, 118).
Die Krefelder Konkurenz benennt Bandonions wie es sich gehört –
„Concertina“
mit dem Untertitel
„auch Bandonion genannt“.
Kein Fabrikanten-Schmuh:
„138 tönige Concertinas mit neuer Mechanik, patentiertem Oktavdruck“
(hierbei kann es sich nur um das Zimmermannsche Patent handeln)
Es ist davon auszugehen, dass Schmitz ebenfalls in Sachsen einkaufte und nicht beim „Fabrikanten“ Band.
Und das wichtigste Indiz schlechthin: Schmitz offeriert Neubauinstrumente „auf verlangen nach Angabe“ und ist somit ein weiterer Erfinder des Bandonions?
Welche „Praktische Schule“ er anbietet werden wir wohl nie erfahren.
Auch das Kataloginserat des Herstellers C.F. Reichel (HB-B S.89, Quelle kann hier nicht gezeigt werden, mir unbekannt) zeigt, dass die „Konstruktion“ der Instrumente vorliegt. Hätte Band ein Instrument erfunden, müssten zwangsläufig Patente vorliegen. In Inseraten erscheint ein englisches Patent? Nun kann man zweierlei Annahmen vertreten. Einerseits bekam Band kein Patent in Deutschland (nachfolgend erklärbar) und andererseits kann angenommen werden, dass er „die Zimmermannsche Oktav-Konstruktion“ in England evtl. vor Wheatstone sichern wollte.
Juristische Betrachtung
„Da aber die Tastaturbelegung der Bandschen Instrumente trotz zusätzlicher Tasten im Kern gleichblieb, …“ (Zitat HB-B S.57)
Anders als spätere grundlegende Layoutänderungen, wie bspw. bei Stark, Kusserow u.a., liegt per se eine patentrechtliche Verfehlung durch Heinrich Band vor, da die Kernlage der Tastenanlage samt namentlicher Tastenbezeichnung von Zimmermann zu etwa 80% übernommen wurde.
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Deutsches Patentrecht (Auszug, Quelle): „Eine Erfindung gilt als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt (man sagt dann auch „sie weist eine ausreichende Erfindungshöhe auf“).
Neu bedeutet, dass es nicht zum Stand der Technik gehört. Der Stand der Technik umfasst alle Kenntnisse, die vor der Anmeldung der Erfindung auf irgendeine Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind.“
Im Patentrecht ist die „wesentliche“ Übernahme fremden Eigentums geregelt. Nur ein Urheberrechtsstreit könnte darüber befinden, ob Band freies geistiges Eigentum verwendete. Es sei dahingestellt, warum die Sachsen nicht intervenierten, weil der Gebrauchsmusterschutz noch nicht allgemeine Anwendung gefunden hatte und erst später das Hauen und Stechen um Patente richtig Fahrt aufnahm und lieber, wie der Bangladeshi heute, für Weltmarken von Ruf produzierten. Man darf mutmaßen, dass eine Patentierung nicht „durchgegangen“ wäre. Geschickt war es, den eigenen Namen Band alias in die Produktbezeichnung einfließen zu lassen. Aber auch hier gilt zu argwöhnen, dass ein Gebrauchsmusterschutz mit Wort-/Bildmarke keine Zulassung bekommen hätte. Wenn man sich den Datenfluss der damaligen Zeit vor Augen hält und die territoriale Weite zwischen Krefeld und Sachsen betrachtet, die deutsche Nation war noch nicht gegründet, dann wäre es noch leichtes Spiel gewesen den damaligen Patentschutz zu unterwandern. Da Band „sein, in seiner Bandonionfabrik“ erstelltes Produkt auch auf den Weltausstellung offerierte, wäre der „Schwindel“ sofort aufgeflogen.
Ersterwähnung und Namensfindung
Die namentliche Ersterwähnung lässt sich auf 1855 datieren, weil eine Privatperson ein Instrument nach New York verschickte und die Ankunft quittiert ward. Die Autorin selbst liefert eine schlüssige Interpretation zur Namensfindung als Band sich für die Weltausstellung in Paris 1855 bewarb. Das Namensdilemma „Accordion“, war sicher Band bewusst. Da er offensichtlich die von ihm gehandelten Instrumente nicht ‚Konzertina‘ nennen wollte und Instrumentenbauer unter diesem Namen ebendort ausstellten, bleibt zu vermuten, sich vorsätzlich davon abzugrenzen. Lieber verwand er den Überbegriff ‚Harmonica chromatique‘ was ihm als Alleinstellungsmerkmal scheinbar nicht befriedigte, ja nur die Instrumentenfamilie beschreibt und er nach einem griffigen Eigenname suchte, welcher ihm bestenfalls persönliche Reputation einbrachte.
Die Namensgebung ist offenkundig den Geschicken des Händlers Band zuzuschreiben, denn die Verkaufszahlen stiegen sprunghaft an, als er das Instrument unter dem Namen ‚Bandonion‘ verkaufte. Der fälschlicherweise ‚Accordion‘ genannten Einzeltonkonzertina einen neuen Namen zu geben, bliebe nachvollziehbar, findet im Buch aber keine Erwähnung.
Weltweite Verbreitung
„aus dem niederrheinischen Krefeld in die Welt“ (Titel des Buches) – Die Verbreitung der sächsischen Instrumente im Rheinland ist den Verkaufstalenten des Bandschen Familienclans anzurechnen und nimmt im Buch zusammen mit Krefelder Salon-Stadtgeschichte reichlich Raum ein. Krefeld als Wirtschaftsregion hat damit überhaupt nichts zu tun, wie es der Buchtitel suggerieren möchte. Die weltweite Verbreitung des Instruments Anfang des 20ten Jhd. ist den Marketingstrategen der Arnolds zuzuschreiben, und hier zaudert das Buch beständig, da es seine Spur immer wieder nach Krefeld zieht. Sicherlich wurden einzelne Instrumente versendet, doch diese hatten keine globale Sogwirkung. Dass es das Bandonion bis in unsere Zeit geschafft hat zu bestehen und eine Renaissance erfahren hat, ist letztendlich der stoischen Manier der Argentinier zu verdanken, lediglich die oktavierten Zinkplatteninstrumente in Europa zu ordern sowie dem Mann, der neben anderen arg. Musikern den Tango Nuevo kreierte, Astor Piazzolla. Die Wiederbelebung des Instrumentenbaus weltweit gebührt Klaus Gutjahr/Bln. vor und Uwe Hartenhauer/Sa. nach der Wiedervereinigung Deutschlands.
Verdienst Stadt Krefeld / Region – das Rheinische
Zitat S.135 „Obwohl die Instrumente Alfred Bands häufig auf den Fotos der damaligen Vereine zu finden waren, wollte die Bandoneonwelle nicht recht in Krefeld ankommen. Erst 1923 … öffnete der Crefelder Bandonion-Clb seine Türen.“
Es braucht wenig Worte den heute gehegten Anspruch der Stadt Krefeld zu beschreiben. Was der Reputation Bands nicht dient, wird im Buch nicht abgehandelt, wäre aber gleichwohl für die Genealogie des Instrumentes und dem publizierten Anspruch, ein umfassendes Kompendium zur Instrumentenkunde vorzulegen, von Wichtigkeit.
Vom Begriff der ‚Erfindung‘ sollte Krefeld Abstand nehmen oder sich mit dessen Synonym ‚Lüge‘ ebenfalls begnügen. Den Ehrgeiz die Erfindung lediglich auf Krefeld zu beziehen ist peinlich.
Wer hat’s den nun erfunden?
Das „Ei des Kolumbus“ – in einer Korrespondenz mit Oscar Fischer BA, schrieb dieser mir: „Ach, ihr Deutschen, was wäre das Bandoneón ohne den Tango?“ Darauf antworte ich ihm: „Oscar, was wäre der Tango ohne dem Bandonion?“ Und Heinrich Band zwinkert mir zu: „na ihr beiden, spielt mal Chopin beidhändig von der Partitur, ach, und bitte alles einen Halbton tiefer – das geht, ich hab’s erfunden“.
Die im Buch zusammengetragenen Quellen belegen brillant, es kommt gar nicht auf die Minute an. Wer schuf die zu Grunde liegende Tastatur vor Band. Unsinnigerweise werden Tastaturanalysen bemüht, einen vermeintlichen Beweis zugunsten der Stadt Krefeld zu erbringen. Versuch und Irrtum haben den größten Anteil an der Entwicklung des Instrumentes. Es gibt nicht den einen Erfinder. Keine Berücksichtigung finden die vielen Mühen diverser Instrumentenbauer und Musiker, die Unlogik der im Kern diatonisch wechseltönigen, hie und da gleichtönigen, sich ins uferlose Chaos entwickelnden Tastatur des Instrumentes aufzuheben, welche Band forciert hatte. Die gesamte Entwicklung des Instrumentes neutral aufzuzeigen, wer hat von wem welche Ideen aufgegriffen, klare Linien ziehen, weniger Krefelder Stadtgeschichte, welche nichts mit Bandonionbau zu tun hat, Empirismus zuzulassen, die sächsischen Erfinder zu würdigen, hätten das Buch zu einem echten Almanach zur Geschichte des Bandonions avancieren lassen und in einen globalen Kontext gestellt. Doch weder technische Zeichnungen, noch der Prototyp, noch ein Patent sind enthalten. Die Befunde der Autorin liefern mehr Indizien dafür, dass Heinrich Band lediglich aus Eigennutz als Namensgeber, doch nicht als Erfinder eines Instrumentes beschrieben werden darf.
Ehrenrettung für die Autorin?
„Das vorrangige Anliegen der Herausgeber war es, die Verbindung zwischen Band, seinem Instrumentenentwurf und Krefelder Stadtgeschichte herauszuarbeiten“. (S.11)
Studien, ob wissenschaftlich, wirtschaftlich, religiös unterliegen bei genauer Analyse nicht selten einer erheblichen Abhängigkeit vom Auftrag- oder Geldgeber. Sie erfüllen in der Regel dessen Anforderungen und verfolgen in hohem Maße dessen Marketingstrategie. Sich dem zu entziehen, fällt Wissenschaftlern in „neutraler“ Analyse immer wieder auf die Füße. Was nicht als Kritik an der Akribie zur Quellenanalyse verstanden sein möchte, so doch die Zugewandtheit zum Auftraggeber als Interessenskonflikt offenbart.
Hier betone ich, keinerlei Wertung zum vorliegenden Buch anzustellen, die subjektive Beurteilung überlasse ich dem geneigten Leser. Der Fleiß der Autorin zur „Erbringung der Beweisquelle“ ist erkennbar, doch gerade diese stellen den „Erfindungshoheitsanspruch“ der Stadt Krefeld von selbst in Frage. Meiner Meinung nach, liefert die Autorin in „Häppchen“, bewußt oder unbewußt, immer wieder den „Gegenbeweis“ zur von ihr geforderten Beweiserbringung des Auftraggebers. Nicht in Ruhe lässt mich der Gedanke: „und wenn nun die Stadt Chemnitz der Auftraggeber gewesen wäre?“
Perspektivwechsel:
Großartig wäre es gewesen, sich zwischen den sächsischen und rheinischen Kulturreferenten auszutauschen und das Instrument als überregionale Entwicklung der Welt zu präsentieren. Aufzuzeigen, dass der Erhalt des Instrumentes außerhalb seines Ursprungslandes geschieht und von Communitys in Australien, Tokio, Taipeh, Seoul, Beijing, Frankreich, Litauen (144tönig), natürlich Lateinamerika und vielen Einzelakteuren rund um den Globus getragen wird. Ein Konservatorium für Bandonion gibt es auch in Krefeld nicht.
Bleibt die Frage, ob denn von Krefeld aus Bandonions in die Welt gehen – „nein“.
Carla Algeri, die UNESCO-Beauftragte für den Erhalt des Tangos, welche uns 2019 in Sachsen besuchte, bestätigte mir in persönlichen Gesprächen, wie bedrückend es werden wird, den nächsten Generationen das Bandon(i)eón nahezubringen und zu lehren: „demasiados cocinan su propia sopa“.
Zitat Carla Algeri: „geliebtes Bandoneón, sag mir, was sollen wir tun, damit du nicht weiter stirbst? …“
Um die Urheberschaft des Bandonions sollte man sich nicht streiten bzw. diese für sich vereinnahmen. Ich glaubte die „Kleinstaaterei“ überwunden.
Hier die „unveröffentlichte“ Anzeige in Entsprechung des in 170 Jahre später einzuführendem Lieferkettengesetz.
Band übernimmt erstmals den Begriff „Konzertina“, offeriert nur noch als Händler, unterlässt fortan, sich als Fabrikant auszugeben, um nicht die sozialen Belange in den Produktionsstätten zu verantworten. Verheimlicht allerdings wieder die Sträflingsarbeit. Doch hier der erste Hinweis darauf, die Konzertina umzubenennen. Wie, scheint noch geheim und ist in der patentlichen Prüfung oder kann vermutlich aufgrund des Gebrauchsmusterschutz nicht umgesetzt werden.
Daher ein Angebot zur Schlichtung:
Das Bandonion gehört zur Instrumentenfamilie der Harmonikas und ist der Art nach eine „Konzertina“. Die Erfindung und Abschluss der grundlegenden Entwicklung des Instrumentes ist zeitlich auf die erste Hälfte des 19. Jhd. belegt. Es ist ein Stufenwerk von Instrumentenbauern wie Buschmann, Demian, Uhlig, Zimmermann, später Arnold und vielen ungenannten Instrumentenmachern, Konstrukteuren und Interventionen von Musikern. Die ursächliche Erfindung dem Instrumentenhändler Heinrich Band zuzuschreiben wird dem Instrument nicht gerecht. Es war alles funktionierend schon da, der Kasten, der Balg, die runden Tasten, das Hebelwerk, die Stimmplatten, die diatonische, teilweise chromatische und die wechseltönige Tonanordnung. Band veranlasste bei Fremdfirmen, wenige Töne der vorhandenen deutschen Konzertina nach seiner Vorgabe umzuverlegen bzw. umzustimmen und versah, zur Umsatzsteigerung seines Einzelhandels, die hauptsächlich in Sachsen gefertigten Instrumente mit dem Eigennamen ‚Bandonion‘. Bands Verdienst liegt in der Verbreitung des Instrumentes im damaligen Rheinland, durch sein Filialnetz. Die weltweite Verbreitung ist den Exporterfolgen der Arnoldschen Instrumentenbauerfamilie, etwa 70 Jahre nach Band zuzuordnen. Die Anwendung der spanische Schreibweise „Bandoneón“ (stets mit Akut „ó“) ist ab 1914, vorerst in Lateinamerika nachweisbar. Mit der Renaissance des Tangos, Anfang der 1980er Jahre und einhergehender Re-Importe von Instrumenten aus Argentinien nach Europa und Japan, wird weltweit zur ursprünglichen Bandschen Benennung „Bandonion“ die schreibweise Bandoneón verwendet.
Das klingt zwar nicht so romantisch wie im Buch beschrieben, könnte aber als Wahrheitsfragment dienen. Gern möchte ich diese Streitschrift als „working paper“ verstanden wissen und die weltweite Bandone(i)ón-Community auffordern, sich dem Erbe und der Entstehungsgeschichte zu widmen sowie vor Einvernahmen zu schützen. Instrumentenbauer, Restauratoren und wir Spieler, sind es dem Instrument schuldig.
Hochachtungsvoll
Heinrich Konrad Naunhof/Lpz
Bisher haben diese Rezension begrüßt und dazu beigetragen:
Carla Algeri/UNESCO-Beauftragte für den Erhalt des Tango – B.A./Argentina
Uwe Hartenhauer/ Bandonionbauer – Klingenthal
Robert Wallschläger/Bandonionbauer – Carlsfeld
Monika Zapf/Festivalleiterin – Carlsfeld
Heiko Guter/Leiter Bandoniontage – Naunhof
Jürgen Karthe/Bandonist – DD
Frank-Uve Buss/Bandonist – Zwenkau
Norbert Seidel/Musiker/Rezensent – München
Jochen Schepers/Musiker/Lektor – Münster
Georg Schroll/Autor „Bandonionvereine“ – Wiltingen
Prof. Dr.-Ing. Jörg Bleymehl/HTWK Lpz – Naumburg
Sigrid Schneider/Korrektorin – Lpz
Jürgen B. Wolff/Musiker/Grafiker Lektorat – Lpz
Nachworte/Stimmen/Rezipienten:
Martina Zapf/Leiterin des Bandonionfestivals Carlsfeld
„Seit 1993 beschäftige ich mich mit der Geschichte meines Heimatortes Carlsfeld und organisiere das Carlsfelder Bandonionfestival. Ihre Buchrezesion „Bandoneon c/o Heinrich Band“ finde ich richtig. Heinrich Band ist Namensgeber, Händler und hat für das Instrument „Bandonion“ die Grifftabelle erweitert. Erfinder gibt es viele, die Handharmonioka wurde 1822 von Chr. Fr.Buschmann in Berlin erfunden und Handäoline genannt. Das Akkordion wurde 1829 von Demian in Wien konstruiert, die englische Konzertina im gleichen Jahr von Ch. Wheatstone in London. Bald darauf schuf Uhlig in Chemnitz die deutsche Konzertina, die 1840 begann Carl Friedrich Zimmermann in Carlsfeld mit dem Bau seiner Instrumente, 1854 war er mit 15 verschiedenen Harmonikas auf der Industrieausstellung in München.“
Jürgen Karthe/Bandonist-DD
„ Eigentlich könnte es einem egal sein, welchen Namen man trägt. Mir gefällt ein Anzug gut, aber ein ganz anderer gefällt mir genauso. Diese Koketterie der „Krefelder“ zur Herkunft des Bandoneons kommt nicht gut an bei mir, unabhängig davon was stimmt oder nicht. Eine kritische Rezension zum besagten Buch ist daher folgerichtig und dient der ehrlichen Aufarbeitung unserer Bandoneongeschichte. J.K.“
Heiko Guter/Leiter Bandoniontage „TANGOes“ Naunhof
Das schöne Buch – ein „Bandonionsurrogatextrakt“ – es steht voll und ganz in Tradition von Heinrich Band – „wie kann ich fremde Erfindungen für eigene Zwecke vereinnahmen“. Eine patentrechtliche Verletzung lässt sich auch nach 170 Jahren in Frage stellen und anhand von Tastaturlayouts indizieren. Den Förderern des Buches und Stadtmarketingkollegen sei auf den Weg gegeben, die große Mehrheit der Forschenden und Wissbegierigen werden das so nicht hinnehmen. Persönlich kann ich mir nur schwer Vorstellen, dass die Autorin nach ihrer eingehenden Quellenrecherche und Audienz in Carlsfeld, das vom Auftraggeber offensichtlich vorgegebene Ergebnis ernsthaft aufrecht vertreten kann. Mal sehen was die Chemnitzer sagen oder vielleicht ein Buch editieren, wenn sie 2025 Kulturhauptstadt Europa werden sollten: „Das Bandonion – eine sächsische Erfindung?“
Uwe Hartenhauer/Handzuginstrumentenmachermeisterbetrieb Klingenthal – Label „UH“
„deine ausführliche Kritik ist sehr gut geschrieben. So ist es, da ändert auch ein Buch nichts daran.“
Georg Schroll/Wiltingen-Saar, Buchautor „Bandonionvereine“
„eine recht streitbare Rezension. Sie wissen, wo Bartel den Most zu holen hat. Da Sie weitaus besser drin sind im sächsischen Geschehen um die dortige Bandonion-Musikindustrie (einschl. der historischen Entwicklung) kann ich es Ihnen nicht verhehlen, dass Sie dann auch kritisch auf die „Inanspruchnahme“ Bands für das Krefelder Stadtmarketing schauen. Kurzum: ich finde die Rezension gut. Aber Sie werden es sicherlich verschmerzen, dass ich weiterhin „Bandonion“ sage – die vielen Vereine haben an dem Namen gehangen – und bevor das Krefelder Marketing zugeschlagen hat – haben die Bandonionvereine schon zwei Mythen gepflegt: zum einen den von Band (und Uhlig), zum anderen den von „AA“. Sie glauben gar nicht, mit welchen, für damalige Verhältnisse grandiosen Ideen schon von „ELA“ und „AA“ die Werbung betrieben worden waren – auch immer in Rückbesinnung auf Heinrich Band. Im Grunde führen die Krefelder nur das fort, was die Arnolds begonnen hatten. Aber eins muss man auch zur Kenntnis nehmen: nie ist ein wichtiges Teil, was heute einen unverzichtbaren Gebrauchswert hat (Telefon, Computer, Fahrrad etc.) nur von einem einzigen Menschen ausgetüftelt und erkoren worden. Es gibt auch unabhängige Parallelentwicklungen wie z.B. die Wheatstone’sche Concertina, die nach dem Prinzip der durchschlagenden Zunge fast zeitgleich mit der Uhlig’schen Entwicklung einherging. Wheatstone hat auf Diskant und Bass verzichtet, sonst eben das gleiche Prinzip. Da die Krefelder natürlich nichts mit (Massen-)Produktion, Ausfuhr des Bandonion u.a. in alle Welt zu tun hatten, wäre auch hier noch ein Unterscheidungsmerkmal zu finden. Und ohne Julius Berthold (1845 bei Zittau geboren), der mit seinen Erfindungen die industrielle Produktion vorangetrieben hatte, wäre – nach meiner Auffassung – das Bandonion und die Konzertina ein seltenes Produkt in den Händen weniger geblieben. Eine rein handwerkliche bzw. manufakturelle Produktion hätte sich nicht durchgesetzt und es gäbe auch nicht DEN Tango mit seinem schluchzenden Instrument.“
Carla Algeri- UNESCO-Beauftragte für den Erhalt des Tango- B.A./Argentina
Wer das spanische Original lesen möchte, dies liegt hier zum download {Bandoneón Palabras para Revista Alemana} bereit.
„The Bandoneón… Ein angekündigter Tod?
Jemand äußerte einmal in einem Interview für Infobae über mich: „Carla Algeri sieht aus wie eine Audrey Hepburn im Canyenguestil (alter Tangostil), mit dem vollkommenen Pony, welches alle ihre Gesten begleitet. Sie hat Augen, die so hellblau sind, dass es fast unverzeihlich ist, dass sie sie schließt, wenn sie Bandoneon spielt.“
Aníbal Troilo, der Großmeister des Bandoneóns von Buenos Aires, soll die Augen geschlossen haben, um keinen seiner Sinne zu verschwenden. Und er sagte: Es passiert mir, dass wir nur mein Bandoneón und ich sind, wenn ich Bandoneón spiele und meine Augen schließe.“
Ich frage ihn nach seinem Bandoneon. Und er freut sich darauf, mir die Geschichte zu erzählen, die in seiner Kindheit beginnt. Mir fällt ein, dass es kein besseres Umfeld geben könnte, um über Bandoneóns zu sprechen, als den Ort, an dem wir waren: Puente Alsina. (Kulturraum, gegründet von Carla Algeri zur Erhaltung und Verbreitung des Bandoneóns und der Sprache des Tangos). Wo die Autos und Busse, die die Stadt Buenos Aires über der Avenida Sáenz verlassen, den Riachuelo überqueren und in Valentín Alsina ankommen. An diesem Ort sagte Carlos de la Púa: „Du bist wie ein Schnitt ins Gesicht der Stadt.“ Und davon versicherte Raúl González Tuñón: „Diebe und Dichter haben keine Angst vor dir“. Damit Jorge Luis Borges es schließlich definiert als: „Die Grenzen der Stadt Buenos Aires“. Denn in dieser unverwechselbaren Konstruktion mit weißen Wänden und gelben Friesen und den Hauptstädten, im neokolonialen Stil, basiert das Institut Polo Bandoneón.“ (Geschrieben von Julio Lagos für Infobae in einem Interview mit Carla Algeri im Jahr 2019).
Als Ehrenmitglied des Internationalen Kunstrates der UNESCO für die Erhaltung und Verbreitung des Bandoneons und seiner Musik, fühle ich mich heute in enormer Verantwortung, eine Stellungnahme zu diesem Buch abzugeben. Vor allem denke ich, dass jedes Mittel, das zur Verbreitung und zum Interesse von EL BANDONEÓN beiträgt, es zu erhalten, es herzustellen, zu berühren oder zu verbreiten, mir Huldigung abverlangt. Oft sind die Art und Weise, wie die Manieren durchgeführt werden, nicht die am besten geeigneten, aber ich betone, dass es immer notwendig ist, etwas zu tun. Leider in einer Zeit, in der Menschen „MC CULTURE“ konsumieren und „MC MENAGEMENT“ oft für die Bemühungen verantwortlich sind, dazu führen, dass wir die falschen Mittel zur Erhaltung und Verbreitung des Kulturerbes der Weltstädte finden. Bestehende Institutionen wie die UNESCO und der United Art Council mit Fachleuten, die als Team arbeiten, ermöglichen es auf jeden Fall, dass trotz der von einigen Akteuren eingeschlagenen Wege bei der Suche nach schlüssigen Ergebnissen, die Dinge wieder mit dem richtigen Kurs aufgenommen werden müssen.
Heute (11.7.) ist die BANDONEÓN WORLD HERITAGE SITE. Wir haben die Pflicht und die Verantwortung, diese zu bewahren und aus bestimmten Quellen zu verbreiten, indem wir Arbeiten innerhalb der richtigen Leistungsstandards ausführen.
Wie ich in Heikos Rezension „wer hat´s erfunden “ gelesen habe, heißt es:
„Der Titel hat mich überrascht. Heinrich Band schreibt ein Buch über das Bandoneon, ah. Die spanische Rechtschreibung wurde 1934 in den Duden aufgenommen. Ein bisschen viel Effekthascherei und im Untertitel gleich wieder strategische und regionale Vereinnahmung. Schade – somit bleibt das sehenswerte Buch anderen Regionen vorenthalten. In diesem Buch sowie in der Online-Selbsteinreichung wird die Erfindung und die damit verbundene patentäquivalente Vereinnahmung des Instruments „Bandonion“ als patriotische Erfindung auf Krefeld übertragen und wiederholt als Krefelder Instrument bezeichnet. Dies ist im touristischen Marketinginteresse der Stadt Krefeld zu offensichtlich, es ist der zentrale Inhalt der Aussage des Buches und der Grund für sein Erscheinen und seine Werbung. Die schönen Bilder, die intensiven Interviews der Bandoneon-Spieler und die wissenschaftliche Untersuchung der Quellen, die wissenschaftlichen Standards entsprechen können, können diese Tatsache nicht verbergen.„
Wir alle wissen, dass die Schaffung des Bandoneóns aus der Notwendigkeit entstand, als Organ in den Märschen und Prozessionen einzusetzen. Es stammt aus Deutschland und alle Strömungen sind in diesem Punkt schlüssig.
Was wir uns nicht leisten können zu behaupten, ist, dass der Schöpfer des Bandoneóns Heinrich Band aus der Stadt Krefeld war.
Es gibt Leute, die im Voraus auf Herrn Uhlig hinweisen, um geistliche Musik zu verbreiten und die Orgeln zu ersetzen. Laut einer Studie der Fakultät für Soziologie der Universität von Buenos Aires im Absatz „Die Musikszene und ihre Protagonisten“ heißt es: „Um die Reise zu beginnen, die es uns ermöglicht, die„ Bandoneon“-Identität zu erkennen, werden wir das Instrument gemäß dem von Oscar Zucchi vorgeschlagenen organisatorischen Ansatz in die Familie der tragbaren Aerophone aufnehmen.“ Dieser Forscher erklärt, dass das Klangprinzip des freien Schilfs, das die Luft zum Schwingen bringt, im Fernen Osten vor mehr als einem Jahrtausend bekannt war, als es eine Art Mundorgel gab, die mit vertikalen Bambusstöcken gebaut wurden. Eine von ihnen ist die chinesische Cheng aus dem Jahr 700 n. Chr. Das Wissen über diese musikalische Grundlage kam erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts nach Europa und daraus entstand eine ganze Familie von Instrumenten wie die Mundharmonika, der Tipoton und eine weitere Reihe von Geräten, die nicht nach dem Klang des Interpreten, sondern nach dem Klang des Interpreten funktionieren mit einem Balg wie dem manuellen Harmonium, dem Akkordeon, der Bandonika und der Ziehharmonika unter anderem. Das unmittelbare Vorgängerinstrument des Bandoneons ist die Konzertina. Ihr Schöpfer war Carl Friedrich Uhlig, Musiker und Gitarrenbauer aus Chemnitz. Dieser Hersteller perfektionierte technisch ein anderes Musikgerät namens manuelle Aeoline und präsentierte 1834 eine Ziehharmonika mit zwei quadratischen Kästen und fünf Tasten auf jeder Seite, wobei jede eine andere Note ausstrahlte, je nachdem, ob der Balg geöffnet oder geschlossen wurde. Der Autor sagt, dass das Ziel seines Erfinders mit sukzessiven Optimierungen darin bestand, ein Instrument zu erreichen, das die Schwierigkeiten beim Transport des Harmoniums beseitigt und eine ähnliche Lautstärke aufweist, die mit Streichinstrumenten verschmolzen ist, um es in die Kammermusik zu integrieren und nicht einzuschränken zur Interpretation populärer Lieder und Tänze. Die Konzertinas hatten jedoch nicht das gewünschte Ziel ihres Schöpfers, da sie größtenteils von den populären Sektoren übernommen wurden, die sie nach Gehör und nach einem System von Zahlen und Symbolen auf jeder Tonart aufführten. Der Zweck seiner Schaffung war es, einen tragbaren Ersatz für das Harmonium für die Aufführung von geistlicher Musik und Gesellschaftstanz zu finden, das damals in Mode war. Später ging es in die Hände der Bauern, Hamburger und bayerischen Arbeitern über, die ihre Open-Air-Partys damit ermutigten und es sehr beliebt machten. “ Ich denke, dass wir mit einer überprüfbaren Quelle wie der, die ich in diesen Absätzen zitiere, einen wichtigen Unterschied in den Kriterien zeigen kann. Dieser Unterschied dient nur als positiver Aspekt, damit das Thema diskutiert wird und wir weiter daran arbeiten können, das Weltkulturerbe korrekt zu übermitteln. Heute gibt es ein Schutzgesetz für die Erhaltung und Verbreitung in meinem Land. Als Mitglieder der Weltgemeinschaften ist es wichtig, mit genauen Informationen umzugehen, wenn wir sie haben und wenn nicht, müssen wir daran arbeiten, diese zu bekommen. Dies liegt in unserer Verantwortung als Pädagogen, Manager und Vertreter der Kultur des kulturellen Erbes der Völker. Heute bewahrt durch ein Gesetz 26.531 „Schaffung des Regimes zum Schutz und zur Förderung des Bandoneon-Musikinstruments in seiner diatonischen Art“. Ikone der Gründung des Tango als Weltkulturerbe. UNESCO 2009. Ich kann bestätigen, dass die Ankunft des BANDONEÓNs in Rio de la Plata zu Beginn des 20. Jahrhunderts die grundlegende Achse unseres musikalischen Erbes, seine Ästhetik und seinen Charakter verlieh, die dazu führten, dass sie auf EINZIGARTIGE und VERTRETENDE Weise definiert werden kann. In Lateinamerika wird nur eine Art von Bandoneón in allen Modellen gespielt, die im Laufe der Geschichte entwickelt wurden. Es war notwendig, es von UNESCO zum Weltkulturerbe zu erklären und ein Schutzgesetz zu verkünden, um es vor einem angekündigten Tod zu retten. Im Interview mit Heiko sagte ich in unserem letzten Vortrag beim Festival de Bandoneones 2019 in Naunhof/Leipzig: „Zu viele kochen ihre eigene Suppe“.
Es ist meine Verpflichtung gegenüber den Völkern der Welt, weiterhin daran zu arbeiten, das kulturelle Erbe korrekt zu vermitteln.
Das Bandoneón ist deutsch, landet und siedelt sich am Rio de la Plata an, nachdem es Meere, Flüsse und Ozeane überquert hat. Es wurde zum repräsentativsten Musikklang in den Städten. Darin leben die Geschichten der Völker und nur ein Instrument wie das Bandoneón kann sie erzählen.
Es hat einzigartige Eigenschaften:
- es ist das einzige Instrument, das uns Menschen ähnelt …
- es ist das einzige Instrument, das atmet, um klingen zu können wie wir, die atmen müssen, um weiterzuleben
- es ist das einzige Instrument, das sich bewegt wie wir, die sich bewegen, weil wir leben
- es ist das einzige Instrument, das sich öffnet und schließt wie wir, die unsere Augen öffnen und schließen, um zu sehen, unseren Mund, um zu sprechen, unsere Herzen, um Blut zu pumpen
Also … das Bandoneon wird das einzige Instrument sein, das uns sagen kann, welche Wörter wir nicht sprechen können.
Lieber Bandoneón, sag mir Bandoneón, was sollen wir tun, damit du nicht weiter stirbst? …
Buenos Aires, 11. Juli 2020
Carla Algeri
Fundora Polo Bandoneón
Miembro de Honor international Art
Council Naciones Unidas
Mat. 18205
Norbert Seidel/Musiker/Rezensent – München
Die ganze Rezension von Norbert Seidel auf www.bandoneón.com
hier Bemerkungen zu obiger Rezension:
„Zu Manuel Roman schreibt Janine Krüger auf den Seiten 288ff und in den Fußnoten 183 und 185. Neben der Radiosendung des WDR vom 19.10.1985 ist der entsprechende Text auch in „The Bandonion, A Tango History“ von Javier Garcia Mendez und Arturo Penon, translatet by Tim Barnard (auf englisch) abgedruckt. Krügers Kritik an der Glaubwürdigkeit dieser Quelle ist berechtigt. Manuel Roman versucht an Hand dieser falschen Quelle die Urheberschaft am Bandonion Zimmermann zuzuschreiben. Nach der Ablehnung dieser Quelle sieht sie den Weg frei, H. Band die Urheberschaft zuzuschreiben. So eigentlich der Argumentationsstrang in dem Buch. Dieser für ihre Argumentation grundlegende Text über Zimmermann ist allerdings weit nach hinten auf Seite 288 gerutscht weil das Buch natürlich erstmal Heinrich Band und Krefeld in den Vordergrund rückt.
Norman Giolbas hat im Oktober 2009 die Forschungsarbeit „Das Bandonion und seine Erfinder“ veröffentlicht (eigentlich überall erhältlich). Darin kommt er im Prinzip zu dem gleichen Schluß wie Sie. Er schreibt in Kapitel 5 (Die Erfindung des Bandonion) „Weiterhin gibt es keine eindeutige Quelle darüber, wer das Bandonion erfunden hat. Ein Instrument von Heinrich Band, dem die Erfindung zugeschrieben wird, ist nicht existent. Die Quellen, mit denen bewiesen wird, dass eben dieser Krefelder Musikalienhändler auch der Erfinder sein soll, sind allesamt zweifelhaft.“ So kommt er im Fazit zu der Aussage: „Die Erfindung des Bandonions nach den hier vorliegenden Quellen kann nicht zweifelsfrei Heinrich Band zugeschrieben werden. (…) Die Faktenlage spricht demnach mehr gegen Band als für ihn (…)“
…wie gesagt, die Diskussion, wer´s erfunden hat, ist eigentlich schon länger am Laufen…
Nun noch zum Kapitel „Erklärungen“ in Ihrer Rezension:
- H. Bands Practische Schule mit der 88-tönigen Tabelle stammt von 1850. Welche Weltausstellungen meinen Sie, auf denen die Sachsen schon vorher die vollchromatische oktavierbare Konzertina vorgestellt haben (1849 Paris fällt flach wegen der falschen Manuel-Roman-Quelle, das war E. Zimmermann aus Berlin und nicht C.F. aus Carlsfeld). Die anderen mir bekannten Weltausstellungen mit den chromatischen Harmonikas waren später (1851 London, 1854 München, 1855 Paris …).
- Sie schreiben, Band „schuf die Tonanordnung nicht neu“ und veranlaßte „um die schon vorhandene diatonische Chemnitzer Tonlage (Ton 1-14) drumherum zu bauen“. Das stimmt so nicht. Die Chemnitzer Tonlage wurde im „Kernbereich“ doch in den Tasten 8, 9, 14 rechts und 13 links verändert. Genau das definiert ja die „rheinische Tonlage“ jenseits aller Erweiterungen. Und genau darin stimmt Zimmermanns 58-tönige „neue Construction“ bereits 1849 mit Heinrich Bands Tabelle aus der Practischen Schule 1850 überein. Darauf beruht in meinem Artikel ja gerade die Kernaussage, daß Zimmermann schon vor 1850 die später „rheinische Lage“ genannte Tastaturanordnung, also eigentlich das „Kern-Bandonion“ publiziert hat. – Oder sind Sie hier Dr. Janine Krüger aufgesessen, die auf Seite 323 schreibt, daß Heinrich Band irgendeine „veränderte“ Chemnitzer Tonlage im 76-tönigen Instrument auf die ursprüngliche Chemnitzer „Entwicklungslinie“ (gemeint ist wohl Tonlage), also in die vorherige Stimmung umstimmen mußte? Die Chemnitzer 76-tönige Concertina ist nur eine Erweiterung der ursprünglichen 56-tönigen Kernzone und immer so geblieben. Uhlig war, was das betraf Traditionalist. Band hat von der Chemnitzer in die rheinische Lage umgestimmt. Die ist anders als das Chemnitzer System, deshalb das Umstimmen. Das mit den Systemvergleichen ist kompliziert. Und sicher nicht Interessenschwerpunkt von Janine Krüger. Wahrscheinlich deshalb diese Fehler in den Tabellen und Begleittexten in der Krefelder Publikation. Im Standardwerk von Maria Dunkel „Bandonion und Concertina“ ist alles richtig. Lieber damit arbeiten.
- In der Heinrich Band-Broschüre, die Janine Krüger auf Seite 82 veröffentlicht hat, und in der 5. Auflage der „Practischen Schule“ wirbt H. Band damit, daß seinen Instrumenten in England der Name „Patent-Bandonion“ beigelegt wurde. Was er damit meint, bleibt unklar (Zimmermanns „patentierte und mit Veränderungsklappe“ wird er ja nicht gemeint haben…). Ob es ihm wirklich gelungen ist, in England ein Patent für das Bandonion zu erwirken, ist bisher nicht belegt. Dr. Janine Krüger wird da sicher wie der Hund nach der Wurst gesucht haben, hat aber wohl nichts gefunden. Soweit ich lesen konnte, läßt sie diesen rätselhaften Fakt in Ihrem Buch völlig unerwähnt. Auf jeden Fall hatte Band keine Skrupel, mit dem Begriff Patent-Bandonion zu werben. Allerdings war das wohl nach der Pariser Weltausstellung 1855. Auf welchen Weltausstellungen war er denn sonst noch?
- Die Union-Harmonika Zimmermanns ist sowas wie eine Wiener Harmonika mit einem speziellen Griffsystem und stammt nicht von 1847, sondern wurde von Zimmermann erst Mitte der 1860ger Jahren patentiert. Sie hat also mit der Entwicklung des Bandonions rein gar nichts zu tun.
- Wie Janine Krüger (bzw. eigentlich Klaus Schmidt-Hertzler, Krefeld) richtig herausgefunden hat, gab Heinrich Band seinem Instrument den Namen „Bandanino“, wie aus den ersten Anzeigen 1855 ersichtlich ist. Der Name „Bandonion“ wurde also nicht von Heinrich Band selber erfunden. Das schreibt er auch selber.
Soweit mal zu den wichtigsten Punkten. Ist dann doch etwa mehr als ein Vierzeiler geworden. In Ihrer Kritik an dieser Krefelder Auftragsproduktion stimme ich natürlich überein. Aber vielleicht sollten Sie zumindest diese fünf Punkte nochmal mit Ihren Teilnehmern diskutieren.
Schöne Grüße
Norbert Seidel“